Ganz unscheinbar kommt er daher. Keine Wegweiser machen auf ihn aufmerksam. Heutzutage scheint er vergessen zu sein.
Er hat seine ursprüngliche Bedeutung verloren.
Für die, die ihn erschufen und nutzten, war er wahrscheinlich immens wichtig!
Er hatte für sie eine große Bedeutung.
Die Rede ist hier vom Bergmannskreuzweg im Elpetal, genauer gesagt am Hülsberg.
Er wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts, vermutlich um ca. 1890, geschaffen, von Menschen, die jeden Tag bei der Verrichtung ihrer Arbeit ihr Leben riskierten.
Sie hatten bei weitem weder den Arbeitsschutz, noch die soziale Absicherung, wie sie heute existieren.
Sie mussten ihre Familien ernähren, was schwierig war, weil sie wenig oder sogar gar kein Land besaßen. Dies befand sich in der Hand weniger Adeliger oder immer mehr auch vermögender Landwirte.
Viele wanderten in Industrieregionen ab, in denen Arbeit leichter zu finden war – leichter als in der Heimat war die Arbeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedoch auch dort nicht.
Deutschland hatte die industrielle Revolution der Nachbarländer wie England, Holland oder Belgien versäumt – diese wurde allerdings gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch die Erschließung reichhaltiger Steinkohlevorkommen im „Kohlenpott“ um so exzessiver nachgeholt – und dafür waren Arbeiter und Bergleute erforderlich.
Die Bergleute, die aufgrund von bescheidenem Besitz oder Heimatverbundenheit im Sauerland blieben, mussten sich häufig weiterhin unter Tage verdingen.
Sie nahmen dafür große Mühen auf sich – wie u.a. Arbeitswege von nicht selten über zwei Stunden.
Die Wege, die diese tapferen Männer gingen, sind größtenteils in Vergessenheit geraten.
Lediglich vereinzelte Relikte, wie zum Beispiel die Knappenbergstraße bzw. der Flurname „Knappenberg“ und der Hohlweg auf dem heutigen Vosspfad in Helmeringhausen – und nicht zuletzt der Bergmannskreuzweg am Hülsberg lassen auf diese Bedingungen schließen.
Die Schachtanlage Aurora, welche in den 1950er Jahren abgerissen wurde und von der heute lediglich das verplombte Mundloch auf dem Gelände des Freizeitparks „Fort Fun“ zeugt, war das Ziel vieler Bergknappen aus dem Umland, so auch aus den Tälern der Ruhr, der Elpe und der Neger.
Diejenigen, welche von Osten kamen (Wulmeringhausen, Assinghausen, Bruchhausen, etc.), kamen über den Bergrücken zwischen Wiedegge und Overlackersberg.
Diejenigen, welche von Nordosten kamen (Olsberg, Bigge und sogar Brilon), kamen über Helmeringhausen entlang der westlichen Flanke des Ohlenkopfes.
Die damaligen Wege sind mit etwas Kenntnis durchaus noch zu rekonstruieren und zu erkennen.
Die damaligen Bergknappen waren durchaus einfallsreich:
Auf dem Weg zur Arbeit wurde von einigen die ein oder andere Falle gestellt oder die ein oder andere feste Angel installiert, um mit etwas Glück auf dem Heimweg einen Hasen oder einen Fisch nach Hause bringen zu können – Not machte erfinderisch.
Diese Art der Wilderei war den Landbesitzern, vornehmlich dem Adel, ein Dorn im Auge, weshalb ein Vertrag mit der „Aktiengesellschaft für Bergbau Ramsbeck“ geschlossen wurde, welcher feste Wege, die sogenannten Bergmannspfade, vorschrieb und auf dessen Grundlage die Aktiengesellschaft bei Verstößen zur Rechenschaft gezogen werden konnte.
In dieser Urkunde von 1880 wurde den Bergleuten auch verboten, Bäume mit „Pickeln oder Stöcken“ zu beschädigen.
Vielleicht hatten sie bereits vorher Wegkennzeichnungen oder religiöse Symbole in Bäume geschnitzt.
Am Hang des Hülsberges, dem Gebiet der Aktiengesellschaft wurde es aber scheinbar tolleriert.
An der Elpe, am Fuße des Hülsberges, trafen sich nun morgentlich viele Bergknappen.
Sie mussten gemeinsam den letzten Berghang zur Arbeitsstätte hinaufgehen.
Dieser letzte Anstieg bescherte ihnen das letzte Tageslicht, dass sie Tag für Tag sehen sollten.
Sich der Sorge um ihr Leben und der Gefahr ihrer Arbeit bewusst, schnitten einige von ihnen 14 Kreuze in die damals ca. 100 Jahre alten Buchen, um für ihr Überleben und eine sichere Heimkehr zu beten.
Der Bergmannskreuzweg geriet für lange Zeit in Vergessenheit und war nur noch den Bergknappen bekannt, die ihn selbst gegangen waren und auf ihm gebetet haben.
Die bisher älteste bekannte schriftliche Erwähnung fand Hans Martin Köster im Artikel „Der Kreuzweg im Walde“ der Ausgabe Nr. 10 von 1951 von „Ruf der Heimat – Blätter des Sauerländer Heimatbundes“.
Hier sind alle Beiträge unserer Chronik im Zusammenhang mit dem Bergmannskreuzweg zu finden.
Seitdem besuchte und dokumentierte er ihn regelmäßig mindestens einmal im Jahr.
Sein Interesse dafür entsprang einerseits der Leidenschaft für den Olsberger und Sauerländer Bergbau, andererseits aber auch der Tatsache, dass sein Vorfahre, Bernhard Köster, diesen Kreuzweg als Bergknappe auf seinem Weg zur Arbeitsstätte oft begangen und gebetet hat.
Bernhard Köster, der Ur-Großvater von Hans Martin Köster, war bis zur Aufgabe deren Betriebs im Jahre 1916 in den Gruben des Briloner Eisenbergs als Stellmacher tätig. Er wohnte mit seiner Familie im Steigerhaus, dessen Fundamente unterhalb des Philipp-Stollens noch heute zu sehen sind. Seine Tochter und die Großmutter von Hans Martin Köster, Gertrud Köster, wurde im Steigerhaus am Eisenberg geboren.
Nach der Schließung der letzten Schachtanlage im Eisenberg aufgrund von Ineffizienz war er im Ramsbecker Bergbaugebiet tätig und fuhr täglich in die Grube Aurora, später, nach der Verbindung der Grube Pluto mit der Grube Aurora, auch in die Grube Pluto ein.
Der Bergmanns-Kreuzweg im Elpetal lag Hans Martin Köster also sowohl lokalgeschichtlich, als auch familiengeschichtlich sehr am Herzen.
Der Bergmannskreuzweg am Hülsberg
Die ehemalige Schachtanlage „Aurora“ bei Andreasberg
Please set Latitude and Longitude both to display a map.Die ehemalige Schachtanlage „Juno“ bei Wiggeringhausen
Station I des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station II des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station III des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station IV des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station V des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station VI des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station ohne Nummer zwischen Station VI und Station VII des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station VII des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station VIII des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station IX (VIIII) des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station X des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station XI des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station XII des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station XIII des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
Station XIV des Bergmannskreuzwegs am Hülsberg
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