Wer in diesen Tagen durch den Briloner Eisenberg wandert oder spazieren geht, dem begegnet der Tod! Nicht leibhaftig oder persönlich, sondern in Form von abgestorbenen Fichten.
Spätestens jetzt hat der Klimawandel auch Olsberg und seine Umgebung erreicht – nicht nur durch hohe Temperaturen im Sommer und milde Temperaturen im Winter, sondern für alle anfass-, sicht- und erlebbar in Form von toten Fichten. Durch Trockenheit geschwächte Fichten sind offensichtlich ein „gefundenes Fressen“ für Borkenkäfer. Den toten Fichten wurde scheinbar regelrecht die Rinde abgeschält. Man läuft am Rothaarsteig über „Teppiche“ von Tannennadeln, welche von den sterbenden Bäumen abgeworfen wurden.
Man kann das nur bedauern und die Besitzer der Bäume bemitleiden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass diese Katastrophe der nicht nachhaltigen Ausbeutung der Natur im Mittelalter entspringt.
Noch im frühen Mittelalter war der Wald des Hochsauerlandes dominiert von Rotbuchen und Niedergehölz, wie z.B. der europäischen Stechpalme (Ilex aquifolium) oder der europäischen Eibe (Taxus baccata). Der Wald bestand aus jahrhunderte alten, teilweise jahrtausende alten Symbiosen aus verschiedenen Pflanzen und Tieren.
Im späten Mittelalter waren nahezu alle natürlichen Wälder des Hochsauerlandes der Holzkohlegewinnung durch Kohlenmeiler (für die Erzverhüttung), der Nutzung von Holz als Baustoff (Bau- und Grubenholz) und der Gewinnung von Wärmeenergie zum Opfer gefallen und für diese Zwecke abgeholzt worden.
So fand die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, welche zwischen 1802 und 1815 die Herrschaft über das Herzogtum Westfalen inne hatte, im Hochsauerland eine Heide- und Niedergehölz-Landschaft vor. Relikte der damals im Hochsauerland vorherrschenden Landschaftsform sind z.B. der Neue Hagen (Niedersfelder Hochheide) oder der Kahle Asten.
Zur Rekultivierung des brachliegenden „Waldes“, welche dringend notwendig war, da Holz damals neben Stein das einzige Baumaterial und neben Kohle das einzige Brennmaterial war, forstete die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt die westfälischen Flächen mit einem relativ anspruchslosen und schnell wachsenden Gehölz wieder auf: Mit der Fichte, welche ursprünglich in kühlen, niederschalgsreichen Hochlagen z.B. im Harz und im Thüringer Wald (über 800m ü. NN) wuchs.
Die Bevölkerung Westfalens und des Hochsauerlandes war diesbezüglich sehr skeptisch und nannte die Fichte teilweise noch im 20. Jahrhundert den „Hessenbaum“. Aber das schnelle Wachstum der Fichte und der daraus resultierende Profit überzeugte letztendlich auch Zweifler von der neuen Kultivierung.
Fichten-Monokulturen, welche heutzutage die Landschaft im Hochsauerland prägen, sind durchaus unnatürlich für diese Region. Man kann den überwiegenden Teil des Waldes im Hochsauerland mittlerweile leider nur noch als „Monokultur“ oder „Plantage“, aber nicht mehr als „Wald“ im natürlichen und historischen Sinne bezeichnen.
Im Übrigen wurde durch die flächendeckende Anpflanzung der Fichten auch unsere Kultur und unsere Traditionen beeinflusst: Nutzten unsere Vorfahren im späten Mittelalter noch Stechpalmen (im damaligen Volksmund „Hülsen“ genannt) als Weihnachtsschmuck (so wie in Großbritannien heute noch üblich), so wurden diese nach und nach durch Weihnachtsbäume (Fichten) ersetzt, da die Stechpalmen in dichten, ganzjährig „grünen“ Fichtenplantagen nicht mehr gedeihen konnten und damit immer seltener wurden.
Die Germanen im Frühmittelalter (in dieser Region speziell die Sachsen) schmückten sich und ihre Häuser zum Fest der Wintersonnenwende, welches letztendlich später durch christliche Missionare und indirekt durch Karl den Großen in „Weihnachten“ umbenannt wurde, ebenfalls mit Stechpalmen, welche ihnen heilig waren.
- „Nach 200 Jahren Fichten im Sauerland – kommt das Ende einer Ära?“; LWL; Wilfried Stichmann; 27.09.2019
- Wikipedia: „Neuer Hagen – Landschaftsbild und Geschichte“; Stand: September 2020
- Wikipedia: „Heide (Landschaft) – Entstehung von Heidegebieten; Stand: September 2020“
- „Stechpalme: Reserve für kalte Wintermonate“; SauerlandKurier; 15.01.1998
Der Briloner Eisenberg
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